WIR WAREN JENE …!

Wann haben wir aufgehört, Situationen und Dinge zu betrachten, zu analysieren und daraus aktive Handlungen abzuleiten?

Wann haben wir begonnen, uns und unser Handeln mit allen seinen Konsequenzen nicht aus dem voraus zu betrachten, sondern in der rückwärtigen Perspektive?

Bequemlichkeit und Angst sind unsere Motivatoren

Wir haben es so verinnerlicht zu sagen, da kann man nichts machen, dass wir uns an die Bequemlichkeit dieser Lebenshaltung so gewöhnt haben, dass Veränderung als Angstfaktor betrachtet wird.

Betrachten wir die letzten Jahre, dann sehen wir, wie Pflege sich in einer Abwärtsspirale befindet. Schlechte Arbeitsbedingungen treffen auf immer weniger Menschen, die bereit sind, ihr eigenes Leben so zu minimieren, dass es auf die überaus schlechten Rahmenbedingungen der Pflege passen würde. Bedarf trifft auf neues Lebensgefühl. Hier kommt das Problem hervor. Entscheider in Politik und Gesellschaft sind bis heute nicht bereit, die Pflegerealität dem echten Bedarf anzupassen.

500.000 Pflegekräfte bald zu wenig

Wesentliche Arbeitsbedingungen wie zum Beispiel Arbeitszeiten, verbindliche Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, aber auch keine Überstunden, kein Einspringen und eine gute Besetzung (siehe Prof. Rothgang). Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, der uns allen bewusst macht, dass in Kürze ca. 500.000 Pflegekräfte fehlen werden. Dieser Mangel trifft auf ca. 1 Million mehr Pflegebedürftige, wie von der Wissenschaft und Politik kalkuliert. Die alles überrollende Welle baut sich auf und wird das Gesundheitssystem, wie wir es kennen, endgültig zum Einsturz bringen.

Pflegekräfte sind systemrelevant

Egal wie gepflegt müssen Menschen mit Hilfebedarf immer werden. Sie brauchen Hilfe und Unterstützung, ob mit oder ohne System, ob mit oder ohne Refinanzierung. Somit gehören Pflegekräfte nicht nur zur Systemrelevanz, sondern auch zur absoluten Zukunftsrelevanz.

Diese Erkenntnis veranlasste meine Kollegen und mich dazu, die.

Pflege-Denkfabrik eine echte Antwort 

Pflege-Denkfabrik zu gründen. Offenbar werden die Einzelstimmen nicht gehört und die mächtigen Stimmen der Verbände oder auch Gewerkschaften sind zu sehr lobbyistenbeeinflusst und haben zu wenig die wirklichen Interessen der Pflegekräfte im Blick, als das sie auch in Zukunft als wirkliche „Vertreter“ der Pflege gelten könnten.

Wir haben als Gesellschaft ein gemeinsames Problem, welches Herr Roger Willemsen sehr präzise auf den Punkt gebracht hat:

„Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Informationen, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung.  So gingen wir von uns selbst nicht gehalten.“

Wir, die Pflegemenschen, wissen alles, wir wissen, was gebraucht wird, wir wissen, wie es besser gehen könnten, wir sind jedoch nicht in der Lage, uns eine Stimme zu geben. Das beste Beispiel ist das Versagen der Pflegekammern. Hier haben Lobbyisten der Verbände und Gewerkschaften massiv gegengearbeitet und die Politik hat die Rahmenbedingungen so schlecht gestaltet, dass die Kammern so wie von einigen Idealisten geplant nicht in Leben gerufen werden konnten. Sie mussten ein Stück weit scheitern. Immerhin kommen auf jeden Bundestagabgeordneten ca. 38 Lobbyisten (Quelle: Lobbyisten des Deutschen Bundestages).

Wie in meinem Blogbeitrag „PFLEGEPOLITIK AGENDA -JETZT-!“ vom 21.12.2021

hier geht´s zum Link:

https://www.thieleberatung.de/pflegepolitik-agenda-jetzt/embed/#?secret=i01tP36D9v#?secret=DN8oq9M5CW

beschrieben habe, bedarf es in der Pflege einiger Notmaßnahmen, die sofort umgesetzt werden müssen:

  1. Steuerrahmen für Pflegemenschen sinnhaft ändern (mehr netto für das Neue brutto)
  2. Gehälter drastisch erhöhen: examinierte Pflegekräfte müssen stets mindestens 200€ mehr verdienen als der deutsche Gehaltsdurchschnitt!
  3. Pflegeschlüssel/Punktwertsätze so anpassen, dass wir mindestens die Anzahl der Pflegemitarbeiter haben können, die auch in den Niederlanden,/Schweiz etc. zur Verfügung stehen (dabei ist es egal, ob diese da sind oder zurzeit fehlen, der Rahmen, die Möglichkeit (Refinanzierung) muss gegeben sein); Grundsatz: Pflege nach Zeit in der ambulanten Pflege ist dabei der richtige Ansatz! Dafür muss die Möglichkeit für. §36 SGB XI (Pflegesachleistungen) massiv erhöht werden.
  4. Klare gesetzliche Vorgaben für Wochenarbeitszeiten in der direkten Pflege (32 h Woche wäre da eine Richtung) Grundsatz: Ziel 32 h in drei Stufen angehen:
  5. Stufe 2024 auf 37,5 h; 2. Stufe ab 2027 auf 35 h und ab 2030 auf 32 h/Woche

Diese Stundenreduzierung gelingt nur, wenn die anderen Reformansätze konsequent umgesetzt werden und die Möglichkeiten, diese zu unterlaufen, erschwert werden.

6. Verändern von Zeit- und Leiharbeit in fast allen Bereichen der Pflege sofort-. Hin zu festen Regeln für Zeit- und Leiharbeit in der Pflege. Je nachdem, wofür sich das Pflegeunternehmen entscheidet, Tarif- oder Durchschnittsentgelt darf die Zeit- oder Leiharbeitsfirma max. 15 % mehr abrechnen (10 % für die hochflexible Pflegekraft und 5 % für die entleihende Firma.). Damit haben wir gleichzeitig die Keimzelle für die Gründung von Springerpools in den Pflegeunternehmen. Springerpools werden dadurch kalkulierbar, realistisch und können auf dieser Basis zu einem Ansatz für eine Gesetzesreform werden.

Ansatzidee Springerpool:

10 % Mehrkosten für Springerpool sind realistisch. Davon übernimmt des Pflegeunternehmen 50 % und die Pflegekasse 50 %. Die Unternehmen bekommen dadurch den Anreiz, die Mehrkosten durch die Berücksichtigung der Positiveffekte, die sich durch die Darstellung der Opportunitätskosten sichtbar machen lassen, zu begründen und am Ende durch Einsparungen zu kompensieren.

Einspringen/Doppeldienste,/Teildienste und mehr als 5-7 Tage am Stück müssen überdacht werden! Grundsatz: Springerpoollösungen sind einen Gedanken wert.

7. Pflege sollte konsequent weiter akademisiert werden, damit die Verantwortlichkeiten im Rahmen der Delegation deutlich aufgewertet werden können, damit die europäische und weltweite Vergleichbarkeit sowie das Ansehen in unserer Gesellschaft weiter angepasst werden kann. Auch der niederschwellige Bachelor-Zugang für bereits examinierte Pflegefachkräfte ist zu überdenken und zu ermöglichen.

8. Entscheider in Gesellschaft und Politik die Pflege-Gesundheitspolitik machen, müssen sofort gegen Menschen ausgetauscht werden, die einen Gesundheits- oder pflegerischen Beruf haben, den sie auch mindestens 5 Jahre einschlägig ausgeführt haben (Pflegefachkraft, ärztlicher Dienst etc.).

Sie sehen, wir haben die Pflicht jetzt zu gestalten, zu bewegen und zu verändern!

Was wir wollen…

Wir wollen nicht jene sein, die zugesehen haben, wir Pflege und Gesundheit kaputtgemacht worden ist.

Wir wollen nicht jene sein, die zugesehen haben, wie Pflege am Menschen zerredet und nicht entschieden zugrunde geht.

Ich möchte nicht der sein, der Bestandteil des Versagens der Gesellschaft ist.

Wir von der Pflege-Denkfabrik wollen die sein, die alles versucht haben, die Pflegenden und die Pflegebedürftigen zu retten und zu schützen.

Ihr David Thiele

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